Christliche Kulturdenkmäler in Sopron
(Ödenburg)
Der Tradition entsprechend erschienen in
Ungarn in diesem Jahr zum 83. Tag der
Briefmarke wiederum zwei Werte, einer zu
80 Ft mit der St. Ursulakirche und der
Kirche Mariä Himmelfahrt, ein weiterer zu
105 Ft mit dem „Treuetor“ und einer
Marienstatue sowie ein Block zu 500 Ft +
200 Ft Zuschlag, der Motive des
Hauptplatzes von Sopron zeigt, u.a. die
Dreifaltigkeitssäule. Mit dem Tag der
Briefmarke war u.a. auch die Alpen-Adria
Briefmarken-Ausstellung vom 26. bis 28.
März verbunden.
Die Ausgabe lädt uns ein zu einem
Spaziergang durch die verkehrsbefriedete
Innenstadt Soprons mit ihrer Geschichte,
ihren Monumenten und Kirchen. Als einzige
größere Stadt Ungarns blieb Sopron von
Mongolen und Türken verschont. Ihre
mittelalterliche und barocke Bausubstanz,
die nach dem Stadtbrand von 1676 entstand,
ist erhalten. Bairische Siedler nannten
den Ort am Anfang des 9. Jh. nach einer
auf römischen Ruinen errichteten Festung
„Öde Burg“. Ungarische Siedler gaben ihr
seit dem Anfang des 10. Jh. den Namen
Sopron, der sich von Suprun ableitet, dem
ersten Gespan des Komitats.
Der Block zeigt neben der Marke den 61 m
hohen Feuerturm (Stadtturm). Über seinem
Sockel aus römischer Zeit liegt ein
romanischer Teil. Die toskanische
Arkadengalerie darüber präsentiert die
Spätrenaissance. Das Barock an der Spitze
schließt den Bau mit dem Uhrenturm und dem
Kupferhelm ab. Die stilistisch
unterschiedlichen Auf- und Umbauten
vereinen im Turm die weit zurück reichende
Geschichte der Stadt an der Grenze zu
Österreich. Der Feuerturm, ein Wahrzeichen
Soprons, durfte daher auch bei dieser
Marken-Ausgabe nicht fehlen.
Von Norden kommend erreicht man durch das
„Treuetor“ an der Südseite des Stadtturms
den Fötér, den Hauptplatz der Innenstadt,
der einst römisches Forum und
mittelalterlicher Marktplatz war. Der Name
des Tors erinnert daran, dass Sopron sich
1921 in einer Volksabstimmung für den
Verbleib in Ungarn entschieden hat. Das
„Treuetor“ ist auf der Marke zu 105 Ft mit
seinem Oberteil abgebildet, der eine
Hungaria im Kreise Soproner Bürger
darstellt. Neben dem Tor ist auf der Marke
noch eine Marienfigur (1745) abgebildet.
Der Block zeigt rechts vom Stadtturm das
Rathaus und links das Storno-Haus. Von
einer Künstlerfamilie aus dem Tessin, die
das Haus 1872 erwarb, hat es den Namen
übernommen. Es beherbergt heute das
Stadtmuseum. Franz Storno ließ schon 1860
die älteste Kirche von Sopron, St.
Michael, restaurieren und ausstatten.
Die Zuschlagmarke des Blocks zeigt die
Spitze der Dreifaltigkeitssäule, die in
der Mitte des Hauptplatzes steht. Lipót
(Leopold) Karl Kollonitsch aus einem
kroatischen Grafengeschlecht, Bischof von
Wiener Neustadt seit 1670 und Erzbischof
von Esztergom seit 1695, regte im gleichen
Jahr die Aufstellung der Säule an. Die
überwiegend deutschsprachigen Bürger, die
sich um 1520 zum Luthertum bekannt hatten
und auch während der Gegenreformation
evangelisch blieben, lehnten den Vorschlag
des Bischofs zunächst ab. Der Stadtrat
stimmte erst 1701 der Aufstellung der
Dreifaltigkeitssäule zu, die als die
älteste und schönste Ungarns gilt. Martino
Altomonte könnte sie entworfen haben.
Johann Jakob Graf Löwenburg und seine Frau
Katharina Gräfin Thókóly waren die
Stifter. Das kniende Ehepaar ist unten an
der Säule (auf der Marke nicht sichtbar)
mit den hll. Jakob, König Stephan,
Johannes Nepomuk und Antonius von Padua
dargestellt.
Der 80 Ft-Wert der Ausgabe zum Tag der
Briefmarke zeigt im Vordergrund die Kirche
St. Ursula, die 1862 im neugotischen Stil
am Orsolyatér errichtet wurde. Als
Vorbild für die Pläne Nándor (Ferdinand)
Handlers dienten Türme, Fassaden und
Portale gotischer Kirchen Soprons.
Hinter der Kirche der Ursulinen, die sich
seit 1747 der Erziehung der Jugendlichen
widmeten, ist auf der Marke die
Nordfassade der gotischen Kirche Mariä
Himmelfahrt mit ihrem hohen Turm
dargestellt, die den Hauptplatz im Süden
abschließt. Sie gilt als die schönste
Kirche Soprons und gehörte bis 1782 den
Franziskanern, seit 1802 den
Benediktinern. Vom Volk wird sie als
„Ziegenkirche“ bezeichnet. Die Familie
Geisel, deren Wappen eine Ziege enthält,
stiftete 1280 ihren Bau. Das Wappen
schmückt das Westportal der Kirche und
findet sich auch im Inneren an mehreren
Stellen. Der frühgotische Chor (um 1280),
ebenso lang wie die drei Kirchenschiffe,
stand als ältester Bauteil wohl in
Verbindung mit der Bauhütte der
Liebfrauen-(Matthias)Kirche in Budapest.
Der Nordturm vom 1. Viertel des 14. Jh.
verrät die Mitwirkung der Bauhütte vom
Wiener Stephansdom. Sein achteckiger
Steinhelm bildete die Vorlage für alle
gotischen Kirchtürme um Ödenburg. Der Bau
der Kirche mit ihrem dreischiffigen
quadratischen Langhaus wurde 1491 im
spätgotischen Stil vollendet. In der
Kirche fanden einige Reichstage, die
Krönung zweier Königinnen und 1625 die
Krönung Kaiser Ferdinands II. zum
ungarischen König statt.
Literatur: Szent Gábor (Gildenzeitschrift
Ungarns), Juni 2010.- B. Dercsényi, E.
Marosi u. J. Török, Katholische Kirchen in
Ungarn, Hegyi u. Társa, Budapest 1991.
Walter Stephan |