St. Gabriel,
Patron der
christlichen
Motivphilatelie

Sammlergilde St. Gabriel e. V.
Arbeitsgemeinschaft "Christliche Motive" im BDPh. e. V.

St. Gabriel, eine starke
Sammlergemeinschaft

Leseprobe aus dem September-GABRIEL 2010

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Christliche Kulturdenkmäler in Sopron (Ödenburg)

Der Tradition entsprechend erschienen in Ungarn in diesem Jahr zum 83. Tag der Briefmarke wiederum zwei Werte, einer zu 80 Ft mit der St. Ursulakirche und der Kirche Mariä Himmelfahrt, ein weiterer zu 105 Ft mit dem „Treuetor“ und einer Marienstatue sowie ein Block zu 500 Ft + 200 Ft Zuschlag, der  Motive des Hauptplatzes von Sopron zeigt, u.a. die Dreifaltigkeitssäule. Mit dem Tag der Briefmarke war u.a. auch die Alpen-Adria Briefmarken-Ausstellung vom 26. bis 28. März verbunden.

Die Ausgabe lädt uns ein zu einem Spaziergang durch die verkehrsbefriedete Innenstadt Soprons mit ihrer Geschichte, ihren Monumenten und Kirchen. Als einzige größere Stadt Ungarns blieb Sopron von Mongolen und Türken verschont. Ihre mittelalterliche und barocke Bausubstanz, die nach dem Stadtbrand von 1676 entstand, ist erhalten. Bairische Siedler nannten den Ort am Anfang des 9. Jh. nach einer auf römischen Ruinen errichteten Festung „Öde Burg“. Ungarische Siedler gaben ihr seit dem Anfang des 10. Jh. den Namen Sopron, der sich von Suprun ableitet, dem ersten Gespan des Komitats.

Der Block zeigt neben der Marke den 61 m hohen Feuerturm (Stadtturm).  Über seinem Sockel aus römischer Zeit liegt ein romanischer Teil. Die toskanische Arkadengalerie darüber präsentiert die Spätrenaissance. Das Barock an der Spitze schließt den Bau mit dem Uhrenturm und dem Kupferhelm ab. Die stilistisch unterschiedlichen Auf- und Umbauten vereinen im Turm die weit zurück reichende Geschichte der Stadt an der Grenze zu Österreich. Der Feuerturm, ein Wahrzeichen Soprons, durfte daher auch bei dieser Marken-Ausgabe nicht fehlen.

Von Norden kommend erreicht man durch das „Treuetor“ an der Südseite des Stadtturms den Fötér, den Hauptplatz der Innenstadt, der einst römisches Forum und mittelalterlicher Marktplatz war. Der Name des Tors erinnert daran, dass Sopron sich 1921 in einer Volksabstimmung für den Verbleib in Ungarn entschieden hat. Das „Treuetor“ ist auf der Marke zu 105 Ft mit seinem Oberteil abgebildet, der eine Hungaria im Kreise Soproner Bürger darstellt. Neben dem Tor ist auf der Marke noch eine Marienfigur (1745) abgebildet.


 Der Block zeigt rechts vom Stadtturm das Rathaus und links das Storno-Haus. Von einer Künstlerfamilie aus dem Tessin, die das Haus 1872 erwarb, hat es den Namen übernommen. Es beherbergt heute das Stadtmuseum. Franz Storno ließ schon 1860  die älteste Kirche von Sopron, St. Michael, restaurieren und ausstatten.


Die Zuschlagmarke des Blocks zeigt die Spitze der Dreifaltigkeitssäule, die in der Mitte des Hauptplatzes steht. Lipót (Leopold) Karl Kollonitsch aus einem kroatischen Grafengeschlecht, Bischof von Wiener Neustadt seit 1670 und Erzbischof von Esztergom seit 1695, regte im gleichen Jahr die Aufstellung der Säule an. Die überwiegend deutschsprachigen Bürger, die sich um 1520 zum Luthertum bekannt hatten und auch während der Gegenreformation evangelisch blieben, lehnten den Vorschlag des Bischofs zunächst ab. Der Stadtrat stimmte erst 1701 der Aufstellung der Dreifaltigkeitssäule zu, die als die älteste und schönste Ungarns gilt. Martino Altomonte könnte sie entworfen haben. Johann Jakob Graf Löwenburg und seine Frau Katharina Gräfin Thókóly waren die Stifter. Das kniende Ehepaar ist unten an der Säule (auf der Marke nicht sichtbar) mit den hll. Jakob, König Stephan, Johannes Nepomuk und Antonius von Padua dargestellt.

Der 80 Ft-Wert der Ausgabe zum Tag der Briefmarke zeigt im Vordergrund die Kirche St. Ursula, die 1862 im neugotischen Stil am Orsolyatér errichtet  wurde. Als Vorbild für die Pläne Nándor (Ferdinand) Handlers dienten Türme, Fassaden und Portale gotischer Kirchen Soprons.

Hinter der Kirche der Ursulinen, die sich seit 1747 der Erziehung der Jugendlichen widmeten, ist auf der Marke die Nordfassade der gotischen Kirche Mariä Himmelfahrt mit ihrem hohen Turm dargestellt, die den Hauptplatz im Süden abschließt. Sie gilt als die schönste Kirche Soprons und gehörte bis 1782 den  Franziskanern, seit 1802 den Benediktinern. Vom Volk wird sie als „Ziegenkirche“ bezeichnet. Die Familie Geisel, deren Wappen eine Ziege enthält, stiftete 1280 ihren Bau. Das Wappen schmückt das Westportal der Kirche und findet sich auch im Inneren an mehreren Stellen. Der frühgotische Chor (um 1280), ebenso lang wie die drei Kirchenschiffe, stand als ältester Bauteil wohl in Verbindung mit der Bauhütte der Liebfrauen-(Matthias)Kirche in Budapest. Der Nordturm vom 1. Viertel des 14. Jh. verrät die Mitwirkung der Bauhütte vom Wiener Stephansdom. Sein achteckiger Steinhelm bildete die Vorlage für alle gotischen Kirchtürme um Ödenburg. Der Bau der Kirche mit ihrem dreischiffigen quadratischen Langhaus wurde 1491 im spätgotischen Stil vollendet. In der Kirche fanden einige Reichstage, die Krönung zweier Königinnen und 1625 die Krönung Kaiser Ferdinands II. zum ungarischen König statt.

Literatur: Szent Gábor (Gildenzeitschrift Ungarns), Juni 2010.- B. Dercsényi, E. Marosi u. J. Török, Katholische Kirchen in Ungarn, Hegyi u. Társa, Budapest 1991.

Walter Stephan

Stand: 07.09.2010       © by Sammlergilde St. Gabriel e. V.